Donnerstag, 11. April 2019
225-Meter-Schornstein des Kraftwerkes Jena macht
Platz für neue umweltfreundliche Energietechnik – umfangreiche Investitionen
senken die CO2-Emissionen um fast die Hälfte
Jena.
Im TEAG-Heizkraftwerk Jena ist am Vormittag mit dem Abriss des 225 Meter hohen
Schornsteins begonnen worden. Der Schornstein - welcher derzeit noch das höchste
Bauwerk Thüringens darstellt - war Anfang der 1980er Jahre zur Verbrennung von
Braunkohle errichtet worden. Das Heizkraftwerk arbeitet mittlerweile ausschließlich
auf umweltfreundlicher Erdgasbasis. Der Abriss des massiven Betonschornsteins
wird voraussichtlich bis Juli dieses Jahres dauern. Wegen der dichten Bebauung
im direkten Umfeld des Heizkraftwerks ist eine Sprengung ausgeschlossen, der Schornstein
wird deshalb mit Spezialtechnik Stück für Stück abgetragen.
„Mit
dem Abriss des letzten großen Kohleschornsteins hier in Jena ist nicht nur der
Kohleausstieg in Thüringens unwiderruflich besiegelt“, erklärte
TEAG-Vorstandssprecher Stefan Reindl zum Abrissstart, „der alte Kohleriese
macht zudem gleich Platz für moderne und umweltfreundliche Energietechnik. Die
TEAG plant hier eine Investition von rund 70 Millionen Euro. Vorgesehen ist unter
anderem der Bau einer neuen Maschinenhalle für sechs große Erdgasmotoren mit
einer elektrischen Gesamtleistung von circa 60 Megawatt. Ergänzt wird die Anlage
durch einen effizienzsteigernden Wärmespeicher." Als
voraussichtlichen Baustart sehen die Planungen derzeit September 2019 vor – mit
der kompletten Fertigstellung und Inbetriebnahme der Erdgasmotorenanlage wird
im Oktober 2021 gerechnet, pünktlich zu Beginn der Heizperiode.
Ausstoß des Klimagases CO2 im
Kraftwerk wird deutlich gesenkt
Mit
der neuen Technik reduzieren sich die Emissionen des Klimagases CO2 im
Vergleich zum jetzigen Stand um fast die Hälfte. So betrug der CO2-Ausstoß im
HKW Jena 1983 mit Braunkohleverbrennung noch rund 800.000 Tonnen pro Jahr. Mit
der neuen Erzeugungsanlage wird sich Emission bis 2037 auf 150.000 Tonnen
reduzieren, das ist ein Fünftel der Ausgangsemission. Die Erweiterung der
aktuellen Gasturbinentechnik des HKW um die neuen Motoren und den zusätzlichen
Wärmespeicher erhöhen Flexibilität, Erzeugungsleistung und den Wirkungsgrad der
Gesamtanlage auf rund 85 Prozent. Mit den sechs Motoren und deren
Gesamtleistung von 60 Megawatt können die Sommer- und Übergangsperioden des
Jahres allein abgedeckt werden, der Einsatz der GuD-Gasturbinen entfällt in
dieser Zeit vollständig. Wirtschaftliche
Grundlage für die Investition von fast 70 Millionen Euro ist der im Juni
vorigen Jahres verlängerte Fernwärmeliefervertrag mit den Stadtwerken Energie Jena-Pößneck.
Diese kommunale Partnerschaft bietet die benötigte Planungssicherheit für die wichtigen
langfristigen Investitionen der TEAG im HKW Jena. Zudem garantiert die
Kooperation auch die Arbeitsplätze im Heizkraftwerk Jena in den kommenden zwei
Jahrzehnten.
Zukunftspotenziale für Klimaschutz
und Sektorkopplung
„Dieses Projekt ist bei der Umsetzung seiner
Klimaschutz-Potenziale durchaus flexibel“, so Vorstandssprecher Stefan Reindl
weiter. „Wir können auf die Änderung der Rahmenbedingungen reagieren, etwa
durch das Thüringer Klimagesetz. Möglich ist beispielsweise eine
Power-to-heat-Lösung und die vollständige Ablösung der GuD-Anlage“. Zudem kann
die neue Anlage jederzeit sinnvoll erweitert werden – entsprechende Flächen
sind bereits eingeplant. Generell wird die sogenannte Sektorkopplung auch für
das HKW Jena eine wichtige Rolle spielen. Hierbei wird Strom aus erneuerbaren
Quellen auch in den Sektoren Wärme, Kälte oder Mobilität eingesetzt – es werden
fossile Energieträger bei Heizung oder Verkehr durch Öko-Strom-Lösungen
verdrängt, die Energiewende dringt so in neue Sektoren vor.
Hintergrund Heizkraftwerk Jena:
Von Öl über Braunkohle zu KWK –
HKW-Jena in ständiger Entwicklung
Das
HKW Jena wurde nach Inbetriebnahme 1972 mit schwerem Heizöl betrieben, aus
dieser Zeit stammt auch der kleinere Schornstein (185 Meter hoch). Während der
weltweiten Ölkrise baute man das Kraftwerk ab 1979 auf den einheimischen
Energieträger Braunkohle um. Dafür war der Bau des zweiten großen Schornsteins
erforderlich (225 Meter hoch), um die Stadt Jena und das Saaletal nicht direkt
mit den Schadstoffen der Braunkohleverbrennung zu belasten. Nach der Wende 1990
erfolgte die Umrüstung auf Erdgas. Die GuD-Anlage brachte eine deutliche
Leistungserhöhung mit spürbar besseren Emissionswerten. 2011 erfolgte ein nochmaliger
Umbau mit Wärmespeicher, Sommerkessel und effizienterer Betriebsweise. Mit der
Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) gelang eine Effizienzsteigerung mit einer
nochmaligen Reduzierung der Emissionswerte.
Daten:
- Erdgas-Motorenanlage
TEAG-Heizkraftwerk Jena
- Sechs
Motoren der 10 MW Leistungsklasse elektrisch und thermisch
- Wärmespeicher
mit rund 600 MWh Kapazität
- Eingekoppelt
in die Bestandsanlage des GuD-HKW Jena.
Daten
Schornstein:
- 225 Meter hoch
- ca.
6.500 Tonnen Gewicht
- Inbetriebnahme
1982 – Außerbetriebnahme 1995
- Abriss
mit Spezialbaggerarm bis auf rund 50 Meter Höhe, danach kommt größere,
leistungsfähigere Baggermaschine zum Einsatz.