Im TEAG-Portfoliomanagement werden jedes Jahr rund 8,4 Terrawattstunden gehandelt.
Guido Werner/TEAG

Einkaufstour zur Mittagszeit

Im TEAG-Portfoliomanagement werden jedes Jahr rund 8,4 Terrawattstunden gehandelt.

Es ist 5 vor 12. „Wir sind mit 5 im Gewinn“, freut sich Heidrun Poltermann. Sie ist Portfoliomanagerin bei der TEAG. Gerade hat sie für das nächste Jahr knapp 44.000 MWh Strom gekauft. Auf den erfolgreichen Deal folgt ein Schlag auf den Buzzer, der durch das Großraumbüro in der Erfurter TEAG-Zentrale schallt. Poltermanns Kollegen Sebastian Möcker und Thomas Engelhardt gesellen sich an den Tresen hinzu, um den Deal zu feiern. Die drei sind Portfoliomanager Strom. In Front- und Backoffice arbeiten insgesamt neun Kollegen bei der TEAG im Portfoliomanagement. Sie handeln mit Strom, Erdgas und CO2-Zertifikaten und sorgen dafür, dass den Kunden zu jeder Zeit genau so viel Energie zur Verfügung steht, wie auch benötigt wird. „Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger“, ergänzt Portfoliomanager Thomas Engelhardt. „Am Ende des Tages muss die Bilanz ausgeglichen oder wie wir sagen ,glatt‘ sein.“ Und in diesem hochkomplexen System aus Käufen und Verkäufen, ist die Zeit ein entscheidender Faktor.

Analysen für die Zukunft

Jedes Jahr handelt die TEAG etwa 8,4 Terrawattstunden Strom. Ein kleiner Teil wird an der Strombörse European Energy Exchange, kurz EEX, in Leipzig umgeschlagen, ein Großteil jedoch bilateral mit anderen Marktteilnehmern gehandelt. Dabei liegt der vereinbarte Lieferzeitpunkt meist weit in der Zukunft. Und deshalb wird auch der überwiegende Teil des Stroms weit im Voraus gehandelt. Das nennt man Terminhandel. Am Terminmarkt deckt sich die TEAG zwischen einer Woche und bis zu vier Jahren im Voraus mit Energie ein und beschafft dort bis zu 95 Prozent der Strommengen für den prognostizierten Bedarf ihrer Kunden.

Durch den Kauf der ,Forwards‘, wie wir die Terminprodukte nennen, gewährleisten wir, dass die notwendigen Mengen sicher verfügbar sind und senken zugleich das Risiko starker Preisausschläge“

– Thomas Engelhardt, TEAG-Portfoliomanager

Dabei ist viel Know-how im Spiel. Denn es gilt, den künftigen Strombedarf möglichst genau abzuschätzen. „Das ist nur bis zu einem gewissen Grad möglich, da verschiedene Kunden unterschiedlichste Abnahmeverhalten aufweisen. Hinzu kommt, dass auch die Einspeisung der Erneuerbaren Energien nur begrenzt genau prognostizierbar ist“, sagt Einkäufer Engelhardt. „Außerdem stehen wir im engen Kontakt zu den Vertriebskollegen, die zum Beispiel für Großkunden aus der Industrie oder für andere Stadtwerke Energie ordern, die wir dann einkaufen.“

Ein Gebot zur Mittagsstunde

Je weiter die Prognose von der tatsächlichen Nachfrage abweicht, umso mehr muss tagesaktuell dazugekauft werden. Das passiert am Spotmarkt der Börse – für die nächste Woche, den nächsten oder sogar noch für den gleichen Tag. Hier müssen die drei Portfoliomanager der TEAG bis spätestens 12 Uhr ihre Gebote für den nächsten Tag abgeben. Die Schnittstelle von Angebot und Nachfrage bestimmt dann den Börsenpreis, der immer wieder durch aktuelle Ereignisse beeinflusst wird. „Die US-Wahl, ein Erdbeben im Nahen Osten oder ein aufziehender Orkan – all das schlägt sich auch auf die Börsenpreise nieder“, weiß Portfoliomanager Sebastian Möcker. Ein letztes Feintuning erfolgt schließlich im Intraday-Handel. Die Vorlaufzeiten dafür haben sich in letzter Zeit immer mehr verkürzt. Bis zu fünf Minuten vor Lieferbeginn können noch Abschlüsse erfolgreich sein.

Weitblick statt Zockermentalität

„In diesem Zusammenspiel aus langfristigem Energieeinkauf und kurzfristiger Nachorder brauchen wir Portfoliomanager eine große Affinität zu Zahlen“, sagt Möcker, dessen Blick immer wieder zu den Bildschirmen mit Kursverläufen und Preisangaben wandert, die im Portfoliomanagement den Rhythmus vorgeben. „Außerdem setzen wir Prioritäten und verfügen über ein gutes Abstraktionsvermögen“, verrät Möcker.

„Und wir müssen cool bleiben, damit wir im richtigen Moment unsere Gebote platzieren können,“ ergänzt Kollegin Heidrun Poltermann. Mit ihrem letzten Geschäft ist sie zufrieden. Es gibt aber auch Tage, an denen der Markt anders tickt als von den dreien vermutet. „Dann kann es auch in die andere Richtung gehen. Heute aber wurde ein tolles Ergebnis erreicht, ein guter Grund für eine Buzzerrunde.“