Druck und Dampf für Jenas Wohnungen
Auf dem Jenaer HKW-Gelände wurde eine kreisrunde Betonplatte mit 30 Metern Durchmesser gegossen, auf der seit August 2019 die ersten Stahlteile für den Heißwasserspeicher stehen – dieser ist übrigens nicht schon vor der Inbetriebnahme verrostet, auch wenn die großen Stahltürme vollständig rostbraun überzogen sind. Die 40 Meter hohen Stahlröhren mit einem Durchmesser von zehn Metern sind aus Blechen mit einer Dicke von circa 25 Millimetern zusammengeschweißt, lediglich an der Oberfläche der Metallwände hat sich sogenannter Zunder gebildet. Dieser Zunder wird aber bis zur Fertigstellung der Speicher durch eine korrosionsfeste Oberflächenbeschichtung bedeckt. Zudem werden die Stahlbehälter rundherum mit einem 30 Zentimeter dicken Isoliermantel versehen. Korrosion ist dann kein Thema mehr.
Technisch werden die Speicher benötigt, um überschüssige Wärme aus dem Betrieb der neuen Gasmotoren und der bereits vorhandenen Gasturbinenanlage aufzunehmen. Die Generatoren der Gasmotoren erzeugen Strom, die dabei anfallende Wärme kann teilweise sofort im Fernwärmenetz der Stadt Jena verbraucht werden. Der „Rest“ kommt in die Wärmespeicher zur späteren Nutzung. So wird im Gesamtprozess keine Energie verschwendet – und der Wirkungsgrad der Anlage liegt insgesamt über 90 Prozent.
2.960 Kubikmeter Wasser, 260 Tonnen Leergewicht, 130 Grad Celsius
Jeder der 40-Meter-Speicher fasst 2.960 Kubikmeter Wasser – das reine Leergewicht der Stahlzigarren beträgt nochmal 260 Tonnen. Damit wiegen die drei Speicher zusammen mit dem Wasser fast 10.000 Tonnen. Dem Betonfundament macht dies jedoch nichts aus, es wurde für den früheren 225-Meter-Schornstein dimensioniert. Um möglichst viel Energie in Form von Heißwasser aufnehmen zu können, werden die Speicher mit zehn bar Druck betrieben. Dadurch ist es möglich, Wasser mit einer Temperatur von bis zu 130 Grad Celsius zu speichern, ohne dass es bei circa 100 Grad Celsius verdampft. Diese Verfahrensweise erhöht die gespeicherte Energie deutlich. Das Material der Speicher würde sogar eine Heißwassertemperatur bis zu 144 Grad Celsius ermöglichen. 130 Grad entspricht jedoch der maximalen Vorlauftemperatur für die Wärmeversorgung der Stadt Jena. Die Ausführung als Druckwärmespeicher dient auch einer zukünftig möglichen Einbindung von „power to heat“, um im Zuge des weiteren Ausbaus von erneuerbaren Energiequellen elektrische Überschussenergie nicht mehr abregeln zu müssen, sondern sinnvoll verwenden zu können.
Wärmeenergie für einen Tag im Puffer
Die Gesamtspeicherkapazität des Kraftwerkes liegt nach Inbetriebnahme der Druckspeicheranlage bei etwa 1.050 Megawattstunden. Damit zählt die Anlage deutschlandweit zu den wenigen Standorten mit einer installierten Speicherkapazität größer als 1.000 MWh. An einem normalen Wintertag ist es so möglich mit allen Speichern des HKW den Fernwärme- und Warmwasserbedarf der Stadt Jena rund 12 Stunden lang abzudecken. Im Sommer ist die Wärmenutzung naturgemäß wiederum geringer. Bei einem Bedarf von rund 10–20 Megawatt Wärme pro Stunde können die Speicher die Saalestadt dann sogar über drei Tage versorgen, ohne dass ein Gasmotor oder eine Turbine im Kraftwerk in Betrieb genommen werden muss. Geleert werden die Turmspeicher übrigens nie. Bei der Ausspeisung von Heißwasser wird dieses mit kälterem Wasser aus dem Rücklauf des Fernwärmesystems herausgedrückt. Die Einspeisung erfolgt dann genau umgekehrt.