Paul-Philipp Braun/TEAG
Sie haben jetzt von Erfurt und Jena gesprochen, aber eigentlich ist das arbeitsmedizinische Team der TEAG ja auch in der Fläche aktiv…
Thiessenhusen: Genauso ist es. Hier befinden sich zwar die Praxisstandorte, ansonsten sind wir aber an jedem weiteren Standort mindestens einmal pro Jahr. Dazu kommen Termine für die Gesundheitsaktionen. Die planen wir langfristig und verbinden diese dann auch mit der Grippeschutzimpfung, die bei uns zum Standard gehört. Ein fester Partner dafür ist die MKK als unsere Krankenkasse.
Was ist mit Gesundheitsaktionen gemeint?
Thiessenhusen: Das sind die Angebote, mit denen wir auf das Thema Gesundheit aufmerksam machen wollen. Beispielsweise die Green Health Days, wie sie 2024 in Erfurt und Jena stattgefunden haben. Für 2025 sind mehrere Aktionen im TEAG-Gebiet geplant. Der Schwerpunkt dabei soll auf dem Thema der Herz-Lungen-Wiederbelebung liegen. Für diese Trainings haben wir extra zwei neue Übungspuppen angeschafft, um die Erste-Hilfe-Ausbildung noch praktischer zu gestalten.
Gibt es denn auch zielgruppenorientierte Angebote für die Belegschaft – etwa für ältere Mitarbeitende oder junge Eltern?
Lisa Kersten: Bisher richteten sich unsere Angebote eher an die allgemeine Belegschaft. Das soll sich künftig ändern. Wir erarbeiten gerade zielgruppenorientierte Programme, unter anderem mit passenden Vorträgen. Ein Schwerpunkt wird etwa die Frauengesundheit sein – da sagen immer mehr Studien, dass sie spezieller zu sehen ist, als es bisher landläufig der Fall ist.
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Was sind denn die Bausteine der betrieblichen Gesundheitsförderung bei der TEAG?
Kersten: Ein wesentlicher Bestandteil sind unsere Betriebssportgruppen. In ihnen werden selbstständig Sportangebote organisiert. Wir als TEAG stellen den Raum und Interessierte können daran teilnehmen. Außerdem bieten wir verschiedene Präventionsangebote an – Yoga, ein Rückenfit-Kurs und immer wieder steht auch die Rauchentwöhnung bei uns im Fokus.
Thiessenhusen: Der wichtigste Baustein sind die Gesundheitsberichte. Danach richtet sich der Schwerpunkt unseres Handelns aus. Ziel ist immer, Arbeitsunfähigkeiten zu reduzieren und Krankheiten zu erkennen.
Diese Gesundheitsberichte, was ist das?
Thiessenhusen: Wir fordern jedes Jahr von der MKK strukturierte Berichte ab, sowohl für die TEAG-Gruppe als auch für jedes Tochterunternehmen. In diesen Berichten finden sich die Krankheitstage, die Zahl der durchschnittlichen Erkrankungen und welche Erkrankungsgruppen einen Schwerpunkt bilden. Das vergleichen wir dann mit Zahlen aus der Personalabteilung und stellen diese Auswertung dann im Steuerkreis HS2E vor. Dort entscheiden Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter sowie Experten über die Gesundheitsaktionen.
Und wenn Sie diese Schwerpunkt-Erkrankungsgruppen definieren müssten, was sind sie?
Thiessenhusen: Die aktuellen drei Themen – und das schon seit dem Beginn der Corona-Pandemie – sind Atemwegserkrankungen, Muskel-Skelett-Erkrankungen und psychische Erkrankungen.
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Sie sind ein größer werdendes Team, das hat sicher seine Berechtigung. Aber wie kann man denn Erfolg im Gesundheitsmanagement messen?
Thiessenhusen: Erfolg lässt sich zum einen im Vergleich von Krankheitsdauer und -häufigkeit messen. Wobei das eine anfällige Methode ist, da es oftmals gegenläufige Effekte gibt. Wir können aber auch schauen, bei wem wir frühzeitig eine schwere Erkrankung entdeckt haben. Als wir 2007 mit dem Darmkrebs-Screening angefangen haben, konnten wir direkt zwei Nierenkarzinome bei Mitarbeitern diagnostizieren und sie so vor einer metastasierenden Erkrankung bewahren. Beide sind nach der Rehabilitation wieder ins Unternehmen zurückgekommen. Ein anderer Erfolg ist unser Arteriosklerose-Screening, mit dem wir schon mehrere Schlaganfälle verhindern konnten und das 2026 wieder flächendeckend angeboten werden soll.
Gibt es aber Kernzahlen, mit denen Sie insgesamt argumentieren und skalieren können?
Thiessenhusen: Nun ja, wenn ich etwas verhindere, dann ist es eben nicht da. Diese Effekte lassen sich nur langfristig erheben, indem ich sage, welche weiteren Erkrankungen oder Verschlimmerungen wir Vorschub geleistet haben. Wir bieten nach Vereinbarung aber auch eine Sprechstunde für akute Erkrankungen an. Eine Modellrechnung vergleicht die Ausfallzeiten bei einem Hausarztbesuch mit der Zeit, die für einen Besuch beim Betriebsarzt benötigt wird. Dabei wird angenommen, dass ein Drittel der Patienten beim Hausarzt mindestens einen Tag Arbeitsunfähigkeit verursachen würde. Durch die Bündelung und Konzentration der Behandlung beim Betriebsarzt können jährlich 1.600 bis 1.800 Arbeitsstunden eingespart werden. In der Praxis in Erfurt können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern manuell behandelt werden und so können wir oft zeitnah Linderung verschaffen, das ist ein enormer Vorteil.
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Wie gut sind Sie denn ausgestattet, was können Sie in der TEAG-Betriebsarztpraxis alles machen?
Thiessenhusen: Wir sind wirklich super aufgestellt! Wir haben hier die Möglichkeit, einen Bauch- und Schilddrüsenultraschall zu machen, wir können die Halsarterien mit Farbkodierung und Doppler schallen. Wir können die Beinarterien untersuchen und machen eine Stressmessung, bei der wir die Herzfrequenz analysieren. Wir verfügen über ein EKG und Ergometer, ein multifunktionales Sehtestgerät, wir können den Augeninnendruck kontaktlos messen und das Sehen im Dunkeln auswerten. Es besteht außerdem die Möglichkeit der Lungenfunktionsmessung. Des Weiteren können wir einen Hörtest machen und die entsprechenden Laboruntersuchungen wie Urin- und Stuhltests aber auch Blutuntersuchungen.
Kersten: Perspektivisch wollen wir auch stärker auf Befragungen setzen, um unsere Angebote noch mehr auf den Mitarbeitenden zuschneiden zu können.
Und alles das machen Sie allein, oder haben Sie dafür Partner?
Thiessenhusen: Wir kooperieren für einige Check-Ups mit der Zentralklinik in Bad Berka und mit dem Katholischen Krankenhaus in Erfurt. Dort wird beispielsweise der Herz-Ultraschall gemacht. Für das betriebliche Gesundheitsmanagement haben wir wiederum Sportpartner.
Kersten: Unser größter Kooperationspartnern ist ganz klar die MKK als Krankenkasse. Die Kasse hat verschiedene Kontakte, von denen wir auch gut profitieren und die im Rahmen von gesetzlichen Präventionsprogrammen einen großen Mehrwert bieten. Außerdem arbeiten wir mit zertifizierten Trainerinnen und Trainern zusammen und entwickeln damit weitere Angebote für die Belegschaft.
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Wo finden die Angebote statt?
Kersten: Einige Angebote finden natürlich draußen statt – etwa die Laufgruppen der TEAG. Wir haben an zwei Standorten aber auch Sporträume, die für Kurse da sind und wo zugleich individuelle Sportangebote umgesetzt werden können. Dafür können sich die Kolleginnen und Kollegen in die Räume einbuchen.
Wie sieht es mit der Work-Life-Balance aus?
Kersten: Allgemein ist erst einmal zu sagen, dass die unternehmensübergreifende Gleitzeit für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein großer Gewinn ist. Klar geht es nicht in jedem Bereich, aber wo es machbar ist, da ist das eigenverantwortliche Kommen und Gehen eine gute Maßnahme. Die Option auf zwei Tage Homeoffice ist ebenfalls ein gutes Angebot.
Mit welchen Angeboten trägt die TEAG dazu bei, die Gesundheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erhalten?
Kersten: Allgemein unterstützen wir durch verschiedene Vorsorgeuntersuchungen und die laufenden Gesundheitsaktionen. Es gibt aber auch individuelle Möglichkeiten, zum Beispiel durch E-Learnings, E-Books und Hörbücher. Durch eine Kooperation mit Bookboon können unsere Beschäftigten sich Sach- und Fachliteratur herunterladen – auch zu Gesundheitsthemen.
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Wer bezahlt das alles denn?
Thiessenhusen: Das macht die TEAG. Dem Arbeitgeber ist es wichtig, dass seine Mitarbeiter gesund sind und nicht lange ausfallen müssen. Deshalb ist es möglich, sich auch bei Akutbeschwerden hier vorstellen zu können.
Sie machen hier aber noch mehr, etwa die Höhentauglichkeitsuntersuchung.
Thiessenhusen: Genau, die ist ja für alle wichtig, die an Masten oder Steigern arbeiten. Außerdem testen wir die persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz vor jedem Modellwechsel auf ihre Eignung für die Rettungszeit im Unternehmen.
Lassen Sie uns kurz über psychische Gesundheit sprechen. Das wird immer wichtiger und prominenter.
Thiessenhusen: In der Tat ist es so. Wir beobachten schon länger einen Anstieg und steuern diesem gezielt entgegen. Wir haben seit Langem die Möglichkeit, im Rahmen des Projekts Gesunde Seele Mitarbeiter kurzfristig für zwei bis drei Termine auf Kosten der TEAG bei einem Psychotherapeuten vorzustellen. Somit konnten wir in etwa neun von zehn Fällen den Druck vom Kessel nehmen, ohne dass eine Arbeitsunfähigkeit auftritt. Für Versicherte der MKK gibt es außerdem die Möglichkeit, eine Online-Therapie in Anspruch zu nehmen. 2023 haben wir außerdem die Mental Health Days durchgeführt und im Anschluss psychische Ersthelfer ausgebildet. Mehr als 20 davon sind nun mit der Ausbildung fertig, ihre Kontaktdaten werden demnächst im Intranet veröffentlicht.
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Von den Benefits zum Anfang der Arbeit: Thema Einstellungsuntersuchungen, wie sehen die aus?
Thiessenhusen: Das ist immer von der geplanten Tätigkeit abhängig. Per Betriebsvereinbarung gibt es für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mindestens drei Monate im Unternehmen sind solche Untersuchungen – oder für die, die eine Tätigkeit mit Selbst- oder Fremdgefährdung ausführen. Das trifft dann beispielsweise auch jene, die einen Dienstwagen fahren wollen. Einstellungsuntersuchungen werden in der Regel gesondert gemacht, trotzdem versuchen wir es oft mit der Vorsorge und Eignungsuntersuchung zu kombinieren. Regulär gehören zu dieser Untersuchung: ein Drogentest im Urin, ein Sehtest, manchmal gehören noch EKG und Hörtest dazu. Wer in die Höhe muss, der bekommt auch ein Belastungs-EKG und eine Gleichgewichtsprüfung, außerdem sind Anamnese und körperliche Untersuchung immer gesetzt. Am Ende gibt es jeweils eine Befundbesprechung mit Beratung und eine Bescheinigung.
Kommen wir zur letzten, wohl persönlichsten, Frage. Was machen Sie selbst, um sich fit zu halten? Wie gehen Sie an das Thema selbst heran?
Thiessenhusen: Ich mache seit vielen Jahren viel Sport. Ich bevorzuge Vereinssport und ergänze das durch Joggen. Und ich habe zwei Katzen, mit denen ich jeden Abend spazieren gehe. Das rundet den Tag dann immer gut ab und ich kann im Kopf ein wenig runterkommen. Es hilft mir aber auch, dass ich gern und schnell Probleme löse und so meine Resilienz von Beginn an gut stärken kann.